Märchen vom roten Faden


                        Märchen vom roten Faden                            



Eine alte Königin spürte, dass ihre letzte Lebenszeit angebrochen war und sie rief ihre drei Töchter zu sich. « Ich werde bald sterben und möchte daher meine Nachfolge als Königin regeln», sie holte tief Luft und nach einer längeren Pause schaute sie liebevoll ihre drei Töchter an. Sie unterschieden sich sehr. Die Älteste hatte die langen schwarzen Haare und Augen ihres Vaters und war von äusserst anmutiger Statur. Ihre Gabe war es mit ihrem Gesang Menschen in ihren Herzen zu berühren. Sie hiess Anuschk. Die Mittlere hatte blondes welliges Haar und blaue Augen und erinnerte sie sehr an ihre eigene Mutter, die weit über die Lande als Schönheit bekannt war. Ihre Gabe war es die Menschen mit ihren leuchtenden Augen und Lachen in Verzückung zu bringen. Sie hiess Bralan. Dann wandte sich ihr Blick der Jüngsten zu. Diese hatte feuerrotes Haar einen aufgeweckten Blick. Sie glich ihr selbst vom Aussehen her am Meisten. Ihre Gabe hatte die Mutter in all den Jahren nicht finden können, so sehr sie sich auch bemüht hatte sie zu finden. Diese Tochter hiess Shala. Mühsam erhob sich die Königin vom Stuhl und schloss ihre aus Gold verzierte Truhe auf. Sie wühlte lange darin und hielt einen roten langen Faden in der Hand. Aus einem mit Gold verzierten Säcklein holte sie eine kleine Schere heraus. Lange schaute sie den roten Faden an und wie es bei alten Menschen manchmal geschieht, verlor sie sich in ihren Erinnerungen. Liebevoll berührte Anuschk ihre Mutter an den Schultern. « Ah ja, ich möchte euch noch nicht erzählen, wie ich selbst zu diesem roten Faden gekommen bin. Zuerst werdet ihr selbst damit eure Erfahrungen machen.» Sie schnitt sehr langsam den langen roten Faden in drei gleich grosse Teile. Jedem der Töchter gab sie ein Stück davon. « Dieser Faden hat die Gabe eine Eigenschaft anzunehmen, die seine Herrin ihm aufgibt. Der ganze Faden schenkte mir drei Wünsche dazu. Da er nun auf euch Drei aufgeteilt ist hat jede von euch einen Wunsch frei. Nutz ihn gut. Geht nun eure Wege und kommt erst zu mir zurück, wenn ihr euren Wunsch an Eigenschaften eurem Faden aufgetragen und Erfahrungen damit gemacht habt. Danach werde ich entscheiden wer von euch Dreien Königin meines Landes wird.» Sie segnete ihre Töchter und liess sie ziehen. Anuschk ging gen Osten und marschierte tagelang durch Wälder und Felder. Dabei sang sie immer mit ihrer wunderschönen Stimme. Eines Tages kam sie an einer Waldhütte vorbei vor der ein uraltes Männlein sass. « He holde Maid, wohin des Weges?» Ich suche meinen Weg und wo dieser hinführen mag. « «Dann bleib bei mir, mache mir den Haushalt und koche für mich. Aber am Wichtigsten ist es mir, dass Du mir jeden Tag vorsingst!» Anuschk blieb, weil sie froh war, dass sie nun wieder eine Aufgabe zu erledigen hatte. Die Tage vergingen und der Alte war stehts höflich aber sprach kaum ein Wort. Nur wenn sie sang sass er da hielt die Augen geschlossen und lächelte. Nach ein paar Monaten aber sprach Anuschk. « Ich muss weiter gehen denn ich habe bis jetzt nicht mehr erfahren als ich von mir schon vorher wusste.». Ich kann gut haushalten und singen». Das ist meine Gabe. Nun veränderte sich die Miene des Alten so stark, dass sie ihn kaum mehr kannte. Sein Gesicht war wutverzerrt und er scholt sie als undankbares Weib und jagte sie mit Fluchen aus seinem Haus. Anuschk rannte wie sie noch nie gerannt war und als sie nach stunden auf den Waldboden sass weinte sie bitterlich. « Was weinst Du» Sie blickte sich um sich und sah eine Kröte mit grossen goldenen Augen aus dem Wasser schauen». Ich wurde benutzt habe einem alten Mann gedient und wollte doch merken was meine Gabe ist. Er hat mich verflucht und weggeschickt!» « Warum suchst Du dich bei einem alten Mann, der sein Leben bereits gelebt hat. Was suchst du und gibst alles was du in dir selbst trägst an einen alten Mann ab? Vielleicht wirst du jetzt finden was du dem roten Faden als Eigenschaft geben willst. « Sprachs und verschwand im Wasser. Das Mädchen sass die ganze Nacht auf dem Waldboden und hörte auf ihr inneres Herz. Am Morgen holte sie den roten Faden aus der Tasche hauchte ihm Leben ein und sprach». Ich möchte, dass Du erkennen kannst ob ein Mensch aufrichtig und ehrlich ist zu mir. Wenn er es nicht ist verlierst du deine rote Farbe und wirst weiss. Zufrieden packte sie ihren Faden ein und trat die Heimreise an. Die schöne Bralan war lange Zeit unterwegs bis sie in ein Fischerdorf kam. Alle Köpfe im Dorf drehten sich nach ihr und ihrer Schönheit um. Sie schritt selbstsicher ihren Weg durch das Dorf. Kurz bevor sie es hinter sich lassen wollte, stellt sich ihr ein stolzer schöner Mann entgegen. «Wohin gehst Du so allein was suchst du» Bralan schaute ihn lächelnd an und meinte:» das weiss ich selbst nicht so genau.» « Bleib bei mir und hilf mir dieses Dorf zu führen. Wenn du mich liebgewinnst und du bei mir glücklich bist, werde ich dich heiraten.» Bralan fand Gefallen an dem Mann und blieb. Die erste Zeit war er sehr zuvorkommend und er lobte immer und immer wieder ihre Schönheit. Doch je mehr Zeit sie bei ihm verbrachte, umso mehr behandelte er sie wie seinen Besitz. Jeder im Dorf musst sich abwenden, wenn sie vorbeilief und niemand durfte mit ihr ein Wort sprechen. Wer es tat wurde im See nebenan ertränkt. Längst hatte Bralan erkannt, dass sie den falschen Weg gegangen war.  Eines Tages ging sie auf den Mann zu und bat ihn: « bitte lasse mich gehen, ich liebe dich nicht und bin hier nicht glücklich!» Da wurde der Mann laut und schrie sie an. An ihren langen Haaren schleppte er sie in eine Höhle ausserhalb des Dorfes und sperrte sie dort ein. Schwere Steine legte er vor die Höhle, so dass sie die Höhle nicht mehr verlassen könnte. Durch eine kleine Öffnung brachte eine alte Frau ihr jeden Tag Wasser und Brot. Bralan weinte bitterlich und schlief auf dem alten Höhlenboden. « warum weinst Du?» eine kleine Schlange schaute sie in der Dunkelheit an. « Ich habe den falschen Weg gewählt und hier endet nun meine Lebensreise» « Papperlapapp « zischte die Schlange. Nutze deinen roten Faden und hauch ihm eine Eigenschaft ein. Bralan holte den roten Faden aus ihrer Tasche und sass lange davor. Dann hauchte sie dem roten Faden Leben ein. Zeit mir immer den nächsten Schritt die zu einer Lösung führt. Auf dem roten Faden erschien ein Satz» geh in die Höhle dort ist ein Weg ins Freie!» sie bedankte sich bei der Schlange und ging in die Höhle hinein. Je tiefer sie in die Höhle kam umso heller wurde es und als sie im innersten Ort angekommen war sah sie ob sich eine weiter Lucke und den strahlend blauen Himmel. Auf grossen Steinen die sie aufgetürmt vorfand, konnte sich raufklettern und sich befreien. Zufrieden und froh trat sie die Heimreise an. Shala war in die Berge gewandert. Auf den höchsten Berg. Von da sah sie die Weite ihres Landes. Sie sass auf einen Stein und wartete. Sie wartete und wusste nicht worauf, aber sie wusste das es richtig war. In den frühen Morgenstunden sass plötzlich eine weisse Wölfin neben ihr. « Worauf wartest Du»?» Ich warte darauf meine Gabe zu erkenne und dem roten Faden seine Eigenschaft einzuhauchen. « Da heulte die Wölfin auf « kennst du deine Gabe wirklich noch nicht? Komm zu mir in meine Höhle und lebe eine Weile mit mir und meine Rudel.» Shala wusste, dass es richtig war. Sie lebte mit den Wölfen, reinigte die Höhle spielte mit den Welpen und holte jeden Tag frisches Wasser in ihrer Schürze vom Bach. Als die Tage kälter wurden trat sie zur Wölfin, welche sie am ersten Tag angesprochen hatte. « Es ist Zeit, ich muss wieder heim»» Hast du deine Gabe gefunden?» lange schaute sie Shala an. « langsam sprach Shala:» ich habe die Gabe in meinem Herzen die Antworten zu kennen und ihnen zu folgen. Mein roter Faden war schon immer mit meinem Herzen verwoben. Ich brauche daher keine weitere Eigenschaft in ihn einzuhauchen. Ich trage ihn aber bis zu meinem Lebensende um meinen Hals damit ich nie vergesse, dass ich meiner inneren Spur folgen kann! «Sie band den roten Faden um ihren Hals. Die Wölfin leckte ihr die Hände und bedankte sich. Du bist eine von uns sagte sie zum Abschied. Wir wissen auch nicht warum wir was wie tun aber eine untrügliche Gewissheit ist da und der folgen wir. Shala wusste das es jetzt Zeit war heimzukehren.
Alle drei Töchter kamen nacheinander zurück zur Königin. Sie lag im Bett und war sehr schwach. Als sich Alle liebevoll begrüsst, gebadet und ausreichend gegessen hatten, bat sie Jede an ihr Bett. Sie hörte sich alle Geschichten an und sank dann mit einem zufriedenen Lächeln in ihre Kissen zurück. Nach einer Pause öffnete sie ihre Augen, die sich mit einem goldenen Glanz gefüllt hatten. Anusch erinnerte sich beim Betrachten der Augen an die weise Kröte. Ihre Arme machten wundersame Bewegungen und Bralan erkannte darin die Schlange, die ihr geholfen hatte. Ihre Stimme nahm einen rauen Klang an und Shala erkannte darin die weisse Wölfin. « Ihr werdet zu Dritt als drei Königinnen das Land führen. « Jede hat ihre Gabe und jede hat ihren roten Faden. Ihr werdet damit weise, weitsichtig und mit den richtigen Handlungen mein Erbe in Ehren halten und es vermehren. « «Mutter frage Anuschk: wie kamst du zum roten Faden und was hast du ihm für Eigenschaften eingehaucht?»» Meine Mutter und deren Mutter und alle Mütter der Welt haben so einen Faden, den sie an ihre Kinder weitergeben. Und die Eigenschaften waren den Schutz für Euch die Weisheiten zu erfahren, wenn ihr dazu bereit seid um eure Lehrer in Form einer Kröte, Schlange und Wölfin zu erkennen.» Sie schickte die beiden älteren Töchter weg und bat Shala sich an ihr Bett zu setzten. « meine liebe Tochter, ich habe nie erkennen können was deine Begabung war, dabei hattest du sie mehr als meine beiden älteren Töchter bereits in dir. Es tut mir sehr leid.» Da nahm Shala ihren roten Faden vom Hals zerschnitt ihn in zwei Teile und band es um das Handgelenkt ihrer Mutter. Das Andere band sie an ihr Handgelenk. Lange sass sie da und hielt die Hand ihrer Mutter. Da öffnete ihre Mutter das letzte Mal die Augen lächelte nickte zeige auf den roten Faden um ihr Handgelenk und starb, zufrieden, eingebunden in ihrem roten Faden. Die drei Königinnen aber führten ihr Land mit grosser Weisheit, Güte und Weitsicht. Noch bis heute sind sie nicht vergessen da jede Mutter ihren Töchtern und Söhnen den roten Faden weitergibt, sie ins Leben schickt, so dass sie selbst zu ihren eigenen Königinnen und Königen werden können.

November 2019 Regula Eugster

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